Saint-Nectaire


Saint-Nectaire ist ein Kuhmilchkäse aus der Auvergne in Frankreich. Saint-Nectaire ist seit 1955 ein AOC-Käse (Appellation d’origine contrôlée) und ist damit der vierte Käse in Frankreich überhaupt, dem das Gütesiegel AOC verliehen wurde. Gleichzeitig ist er damit einer von nur fünf derart ausgezeichneten Käse der Auvergne. Die anderen vier sind: Bleu d’Auvergne, Salers, Cantal und Fourme d’Ambert. Saint-Nectaire ist außerdem seit 1996 EU-weit als geschützte Ursprunsgbezeichnung (g.U.) geschützt (PDF-Dokument).

Seinen Namen hat der Käse vom Dorf Saint-Nectaire in der Mitte der Auvergne. Er wurde von Henri de La Ferté-Senneterre (1599-1681), einem Marschall Frankreichs nach diesem Dorf benannt. De La Ferté-Senneterre wohnte auf seinen Gütern in der Auvergne und ließ den Käse an seiner Tafel seinen Gästen servieren ließ. De La Ferté-Senneterre soll den Käse auch Louis XIV. in Versailles präsentiert haben. Angeblich soll der Sonnenkönig den Käse sehr gemocht haben.

Geschichte des Saint-Nectaire

Der Saint-Nectaire wird seit mehreren Jahrhunderten in der Gegend rund um das Bergmassiv Monts Dore hergestellt. Bis zum 17. Jahrhundert wurde er ausschließlich auf Bauernhöfen für den Eigenbedarf hergestellt. Meistens waren es die Bäuerinnen, die den Käse aus der Milch ihrer paar Kühe produzierte. Denn der Käse wurde aus der Milch der paar auf dem Hof verbliebenen Kühe hergestellt, während der Bauer mit dem Großteil des Viehs im Sommer auf den höhergelegenen Almwiesen war. Der Käse wurde „fromage de seigle“ (Roggenkäse) genannt, weil man ihn früher auf Roggenstroh reifen ließ.

Henri de La Ferté-Senneterre, Marschall Frankreichs und Gouverneur des Herzogtums Lothringen, mochte diesen so Roggenkäse so sehr, dass er ihn seinen Gästen auftischen ließ. Er brachte ihn auch nach Versailles, wo er ihn dem Sonnenkönig Louis XIV offerierte. Der König soll den Käse angeblich sehr gemocht haben.

Henri de La Ferté-Senneterre stammte aus dem Haus Saint-Nectaire oder Sennecterre, einem alten französischen Adelsgeschlecht aus der Auvergne. Er benannte den „fromage de seigle“ nach dem Namen des Dorfes um, dessen Namen auch sein Geschlecht trägt: Saint-Nectaire.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich seine Erzeugung weiter. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war der Saint-Nectaire jedoch ein typischer Bauernkäse, der auf kleineren und mittleren Höfen mit wenigen Stück Vieh zumeist von den Bäuerinnen hergestellt wurde, die das Rezept an ihre Töchter weitergaben. Die Käselaibe wurden selten auf den Höfen selbst gereift, sondern ungereift auf den Märkten verkauft. Hauptabnehmer waren professionelle Affineure der Departements Puy-de-Dôme und Cantal. Diese reiften die Käselaibe in geeigneten Anlagen, die meistens in der Nähe der großen Städte lagen. Diese Arbeitsteilung zwischen Hersteller und Affineur hat sich bis heute gehalten. Allerdings werden die ungereiften Käse heute organisiert bei den Erzeugern abgeholt und müssen nicht mehr auf die Märkte transportiert werden.

Zwischen 1929 und 1950 kam es infolge der Landflucht und der Tatsache, dass die Herstellung des Saint-Nectaire noch zum großen Teil in Handarbeit erfolgte und damit zeit- und kraftaufwändig war, zu einem Rückgang der Produktion. Die produzierte Menge wurde so gering, dass der Saint-Nectaire nicht einmal Teil der ersten Käseklassifizierung wurde, die das französische Landwirtschaftsministerium 1934 durchführte.

Dies führte zu einem Umdenken bei den Produzenten. 1935 gründeten sie die Organisation „Syndicat d’Élevage et d’amélioration des Produits Laitiers des cantons de la Montagne de Besse et d’Issoire“ (Verein zur Förderung und Verbesserung von Milchprodukten der Kantone Montagne de Besse und Issoire). Dieser Verein ließ 1947 Saint-Nectaire als Marke eintragen. 1954 nannte sich der Verein in „Syndicat des producteurs de Saint-Nectaire“ (Verein der Produzenten von Saint-Nectaire) um. 1955 schließlich bekam der Saint-Nectaire als erst vierter Käse in Frankreich überhaupt das begehrte AOC-Siegel (Appellation d’origine contrôlée).

Von diesem Zeitpunkt an ging es mit der Herstellung des Saint-Nectaire wieder bergauf. 1970 wurden 90 Millionen Liter Milch zu Käse verarbeitet. 2017 wurden 14.000 Tonnen des nach Fermier– und Laitier-Richtlinien hergestellten Saint-Nectaire verkauft. Damit belegt der Käse Platz 3 der am häufigsten verkauften AOP-Käse aus Kuhmilch und Frankreich und ist sogar auf Platz 1 der meist verkauften handwerklich hergestellten AOP-Käse in der EU.

Nach den EU-Vorschriften darf der Saint-Nectaire nur auf dem Gebiet der Gemeinden des Departements Cantal und des Departements Puy-de-Dôme hergestellt werden. Die Kühe, aus deren Milch der Käse hergestellt wird, müssen mindestens 160 Tage im Jahr auf der grünen Weide weiden. Für einen Laib Saint-Nectaire mit einem Gewicht von etwa 1,85 kg sind 12 bis 13 Liter Milch nötig.

Herstellung des Saint-Nectaire

Saint-Nectaire wird auf zwei Arten hergestellt: In industrieller Produktion in einer Molkerei (Laitier) oder in handwerklicher Tradition von bäuerlichen Kleinbetrieben (Fermier). Käse, der auf althergebrachte Art hergestellt wird, trägt den Zusatz „fermier“. Saint-Nectaire fermier ist außerdem an der ovalen grünen Marke zu erkennen, die an jedem Käse angebracht ist. Saint-Nectair laitier trägt eine quadratische Marke.

Saint-Nectaire wird aus pasteurisierter(Saint-Nectair laitier) oder roher Milch (Saint-Nectair fermier) zwei Mal am Tag, morgens und abends, direkt nach dem Melken hergestellt. Zur Herstellung wird der Milch zunächst eine Starterkultur mit Milchsäurebakterien zugegeben. Dann wird die Milch auf ca. 33° bis 34°C erwärmt und in etwa 25 bis 45 Minuten  mit natürlichem Lab dick gelegt. Die Dickete wird dann mit der Käseharfe geschnitten, bis der Käsebruch etwa Weizenkorngröße hat. Anschließend wird der Bruch etwa 15 Minuten gerührt, so dass möglichst viel Molke austreten kann. Dann darf bis zu 30% der Molke abgezogen und durch die selbe Menge Wasser mit einer Temperatur von 33° bis 34°C ersetzt werden. Dadurch wird ein Teil der Milchsäure entfernt.

Der Käsebruch setzt sich am Kesselboden ab und verklumpt zu einer leicht kompakten Masse. Diese wird in runde Formen geschöpft und von Hand gepresst, um den optimalen Feuchtigkeitsgehalt und die runde Form zu erhalten.

Nach der Entnahme aus den Formen bekommt der Käse eine Kaseinmarke, die ihn entweder als Fermier oder Latier ausweist. Dann werden die Käselaibe trocken eingesalzen, in ein Tuch gewickelt und in eine runde Form gelegt, die mit einem Stahlreifen verstärkt wurde, damit der Saint-Nectaire beim Pressen seine Form behält. Die einzelnen Laibe werden aufeinander gestapelt und in eine Presse gestellt, wo sie mindestens 8 Stunden maschinell gepresst werden. Während dieser Zeit werden die Laibe einmal gewendet.

Anschließend kommen die Käse für mindestens 24 Stunden bis zu maximal 8 Tage in einen Keller wo sie bei kontrollierten Temperaturen von 6°-10°C und kontrollierter Luftfeuchtigkeit trocknen.

Die meisten der  Saint-Nectaire Käse werden danach von einem professionellen Affineur (Käsereifer) abgeholt und in seinen speziellen Reifekellern bei maximal 14°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 90% zur perfekten Reife gebracht. Diese Reifezeit beträgt mindestens 28 Tage für einen Sainte-Nectaire und mindestens 21 Tage für einen Petit Saint-Nectaire. In den ersten drei Wochen der Reifung wird jeder Laib mindestens zweimal wöchentlich mit Salzwasser abgerieben und dabei gewendet. Danach wird er wöchentlich abgerieben und gewendet.

Insgesamt gibt es an die 20 Affineure im zugelassenen Produktionsgebiet, die den Saint-Nectaire zur optimalen Reife bringen.

Aussehen und Geschmack

Fertig gereifter Saint-Nectaire hat die Form eines leicht konvexen Zylinders mit einem Durchmesser von 20 bis 24 cm, einer Höhe von 3,5 bis
5,5 cm und einem Gewicht von 1,45 bis 1,95 kg. Der Käse  kann auch als kleiner Laib (Petit Saint-Nectaire) mit 12 bis 14 cm Durchmesser, 3,5 bis 4,5 cm Höhe und einem Gewicht von 0,5 bis 0,7 kg hergestellt werden.

Der Käse hat je nach Reifedauer eine essbare gelblich-bräunliche bis dunkelgrau-fleckige Rinde, die bei länger gereiftem Käse hart ist. Der Teig des Saint-Nectaire ist hellgelb, weich und geschmeidig und gibt bei Fingerdruck leicht nach. Er hat manchmal einige kleine, gleichmäßig verteilte Bruchlöcher. Der Geschmack ist herzhaft, mild, leicht salzig, nicht zu säuerlich, mit verschiedensten Milcharomen wie Frischmilch, Sahne, Butter und Aromen der Reifungsatmosphäre wie Keller, Reifungsstroh, Erde oder Unterholz und häufig einer feinen Haselnussnote. Je nach Reifegrad und Marke ist dieser Geschmack unterschiedlich stark.

Obwohl der Saint-Nectaire einen deutlich ausgeprägteren Geschmack hat als bspw. Brie oder Camembert zählt er in der Auvergne, in der sonst eher kräftige Käse produziert werden, zu den milderen Käsesorten.

Nährstoffe in Saint-Nectaire laitier

Energie: 1389kJ / 332kcal
Eiweiß: 21gFett (gesamt): 27g
Davon gesättigte Fettsäuren: 18
Kohlehydrate (gesamt): 1.1gBallaststoffe: 0g
Zucker (gesamt):

Mineralstoffe:

Kalzium, Ca: Eisen, Fe:
Magnesium, Mg: Phosphor, P:
Kalium, K: Natrium, Na: 0.6g
Zink, Zn:

Vitamine:

Vitamin C: Vitamin B1 (Thiamin):
Vitamin B2 (Riboflavin): Vitamin B3 / Vitamin PP (Niacin)
Vitamin B6 (Pyridoxin): Folate:
Vitamin B12 (Cobalamin): Vitamin A (Retinol):
Vitamin E (alpha-tocopherol):
Vitamin D / D3 (Cholecalciferol)::
Vitamin K (phylloquinone):

Alle Angaben, soweit nicht anders angegeben, pro 100 g.
Quellenangabe für die Nährstoffe: OpenFoodFacts.org. The Open Food Facts database is available under the Open Database License.
Individual contents of the database are available under the Database Contents License.
Weitergabe der Nährstoffeangaben unter gleicher Lizenz.

Alle Angaben ohne Gewähr.

Autor

  • Jürgen ist gelernter Koch und staatlich geprüfter Hotelbetriebswirt. Er war u.a. als Küchenchef in einem Hotel einer großen, internationalen Hotelkette tätig. Jürgen hat neben seinem Abschluss zum staatlich geprüften Hotelbetriebswirt, diverse Aus- und Weiterbildungen im Bereich Gastronomie absolviert. Er ist ist u.a. Träger des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung und Anerkannter Berater für Deutschen Wein.
    Jürgen ist seit über 20 Jahren im Onlinebereich tätig. Seine Leidenschaft gilt nach wie vor den Bereichen Essen und Trinken, wo er sich besonders für traditionelle, unverfälschte Lebensmittel und Getränke, deren Herstellung und natürlich deren Genuss interessiert.

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Steckbrief Saint-Nectaire

Name: Saint-Nectaire
Gebietsschutz: Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)
Herkunft:Milchart:Käseart:
Fettgehalt: 45% i.Tr.
Geschmack: mild, salzig, süßlich, säuerlich
Aroma: pflanzlich, fruchtig, geröstet, tierisch, würzig