Livarot

Livarot ist ein Kuhmilchkäse aus der Region Auge in der Normandie in Frankreich. Der Livarot zählt zu den ältesten Käsen der Normandie.

Seit 1975 trägt der halbfeste Schnittkäse das AOC-Siegel (Appellation d’Origine Contrôlée) und seit dem Jahr 1996 ist der Livarot außerdem EU-weit als geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) registriert (PDF-Dokument). Der Käse zeichnet sich durch sein charakteristisches Aussehen sowie durch seinen charakteristischen Geschmack und  Aroma aus. Aufgrund der Streifen aus Riedgras an der Seite nennt man ihn auch „Le Colonel“ (Oberst).

Seinen Namen hat der Käse vom Ort Livarot, einer ehemaligen französischen Gemeinde im Département Calvados in der Region Normandie.

Geschichte des Livarot

Livarot zählt zu den ältesten Käsen der Normandie. Seine Ursprünge gehen vermutlich auf Mönche zurück, die ihn bereits in der Mitte des 12. Jahrhunderts hergestellt und dann das Geheimnis seiner Herstellung an die Bauern der Umgebung weitergegeben haben. In den Anfängen wurden alle Käse aus der Normandie als „Angelots“ (Engel), später „Augelots“ in Anlehnung an das Pays d’Auge.

Das später namensgebende Livarot beherbergte damals einen der größten Märkte der Region. Auf diesem wurde auch Käse gehandelt, der seinen Weg bis nach Paris fand. Es gibt Schriftstücke aus dem späten 17.Jahrhundert, die besagen, dass der Käse aus Livarot bereits damals regelmäßig in Paris gegessen wurde.

Die traditionelle Art der Herstellung und Veredelung

Früher verwendeten die Bäuerinnen die frische Milch ihrer Kühe zur Herstellung von Butter. Dazu ließen sie die Milch der Morgen- und der Abendmelkung in Fässern stehen, bis sich der Rahm oben absetzte. Aus diesem Rahm stellten sie dann Butter her.

Aus der übrig gebliebenen Magermilch stellten sie Käse her. Sie erwärmten die Milch und legten sie dick. Dann schnitten sie die Dickete und verteilten sie auf einem Leinentuch (La glatte), das auf einem langen, leicht geneigten Tisch aus Holz oder Stein (La dalle) lag. Der Bruch wurde geknetet, bis er eine Größe von Weizenkörnern hatte. Dabei konnte die Molke (petit lait) durch das Leinentuch abfließen. Dann füllten die Bäuerinnen den Bruch in runde Formen aus Holz, bis sie ihn auf den Markt bringen konnten.

Zweimal in der Woche worden die ungereiften und ungesalzenen Käselaibe auf den Markt gebracht und dort angeboten.  Den Großteil kauften professionelle Käsehändler auf. Diese salzten die Laibe ein und ließen sie in ihren Kellern reifen. Damit der relativ fettarme Käse bei der Lagerung nicht einsacken und auseinanderlaufen konnte, banden sie ihn nach etwa 10 Tagen an den Rändern mit Riedgras zusammen. Diese Praxis ist auch heute noch gängig. Der Beruf des Käsehändlers und -veredlers war ein einträgliches Geschäft zur damaligen Zeit. Im Jahr 1877 gab es in der Umgebung von Livarot und Saint-Pierre-sur-Dives rund 200 von ihnen. Die Jahresproduktion lag bei etwa 4,5 Millionen Laibe Livarot.

Die Moderne

Mit dem Aufkommen der Eisenbahn – der Bahnhof in Livarot wurde 1881 eingeweiht – und den damit verbundenen leichteren und schnelleren Transportmöglichkeiten konnten neue Märkte für Käse aus der Normandie geschaffen werden. Davon profitierten viele Käsesorten aus der Region, allen voran der Camembert und der Livarot.

Im späten 19. Jahrhundert war der Livarot einer der am häufigsten verzehrten Käse in der Region überhaupt. Der proteinreiche Käse war besonders bei den Arbeitern in den boomenden Fabriken als Nahrung beliebt. Er wurde daher auch als „Fleisch des armen Mannes“ bezeichnet.

Im 20. Jahrhundert wurde die kleinbäuerliche Herstellung von Livarot nach und nach durch spezialisierte Großbetriebe und Molkereien abgelöst. Diese konnten größere Mengen an Käse produzieren bei gleichzeitig hohem und gleichbleibendem Standard. Im Jahr 1970 beantragte das Syndicat des Fabricants de Pont-l’Evêque et Livarot einen Gebietsschutz als Appellation d’origine contrôlée. Dieser Schutz wurde dem Käse 1975 verliehen.

Seit dem 1. Mai 2017 müssen alle Kühe, die Milch für den Livarot geben, der Normannischen Rasse entstammen. Das Normanne-Rind, auch Normande oder Normannische Rasse genannt, ist eine Zweinutzungsrasse mit der Betonung auf die Milchleistung. Der Legende nach stammen die Normannischen Rinder von den Rindern ab, die die skandinavischen Normannen in die Normandie gebracht haben.

Man benötigt ungefähr fünf Liter Kuhmilch, um einen 500 Gramm schweren Livarot herzustellen.

Herstellung von Livarot

Zur Herstellung von Livarot wird rohe oder pasteurisierte Kuhmilch verwendet. Neben der Herstellung in industriellen Käsereien wird der Käse auch nach handwerklicher Tradition in kleinen Käsereien hergestellt.

Die Milch aus den letzten vier Melkgängen wird teilentrahmt und für maximal zwei Tage bei 4°C gelagert. Während dieser Zeit kann die Milchreifung beginnen, die essentiell wichtig für den späteren Käse ist.

Die Milch erwärmt man dann in Kesseln mit einem Fassungsvermögen von maximal 300 Litern und legt sie mit Lab dick. Die Dickete schneidet man in Würfel von etwa 2 cm Kantenlänge. Der entstandene Käsebruch wird gerührt, damit Molke austreten kann und sich der Bruch verfestigt. Der Bruch wird in runde Formen gefüllt aus denen die Molke abtropfen kann. Damit die Molke gleichmäßig abtropfen kann wendet man die Formen mehrmals.

Am nächsten Tag entnimmt man die Laibe aus den Formen und salzt sie trocken ein. Dann lässt man sie einen Tag trocknen um die Feuchtigkeit auf der Käseoberfläche zu verringern und um dem Salz Zeit zu geben, sich gleichmäßig bis ins Innere des Käses zu verteilen.

Am dritten Tag umwickelt man die geformte Käselaibe mit drei bis fünf Riedgrasstreifen. Die Streifen haben aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit den Streifen an der Uniform dem Livarot den Spitznamen „Colonel“ (Oberst) eingebracht. Diese Streifen dienten früher dazu, den Käse daran zu hindern, während der Reifezeit aus der Form zu geraten und einzusacken. Heute sind die Streifen nur noch zu  Dekorationszwecken da. Deswegen haben große Käsereien auch damit begonnen, die Grasstreifen durch grüne Papierbänder zu ersetzen. Seit dem 1. Mai 2017 müssen allerdings alle Kaiselaibe der 4/4-Referenzgröße mit pflanzlichen Bändern umwickelt sein.

Livarot muss mindestens drei Wochen (Trois-quarts und Petit-Livarot) bzw. mindestens 5 Wochen (Grand Livarot und Livarot) in warmen, feuchten Kellern reifen. Meistens wird der Käse jedoch ca. 8 Wochen gereift.

Während der Reifezeit wird er regelmäßig  gewendet und mit Wasser oder einer schwachen Salzlake abgewaschen. Dies ermöglicht den Rotschmierebakterien Brevibacterium linens, sich auf der Oberfläche anzusiedeln. Sie sorgen für eine charakteristische Rotfärbung der Rinde und für den besonderen Geschmack und das typische Aroma des Livarot. Das Wasser bzw. die Salzlake ist manchmal auch mit Roucou bzw. Annatto gefärbt, dem rötlich-gelb färbenden Samen des Orleansstrauches.

Aussehen und Geschmack

Der fertige Livarot ist rund und zylinderförmig. Seine Rinde ist orange-rot, gewellt, körnig, leicht feucht und klebrig. Der Teig ist goldgelb und cremig in der Konsistenz. Nach den AOC-Bestimmungen sind nur vier Größen erlaubt: Grand Livarot (Großer Livarot) mit einem Durchmesser zwischen 19 und 21 cm und einem Gewicht zwischen 1200 und 1500 Gramm, der Livarot (4/4-Referenzgröße) mit einem Durchmesser zwischen 12 und 12,8 cm und einem Gewicht zwischen 450 und 500 Gramm, Trois-quarts (3/4) mit einem Durchmesser zwischen 10,7 und 11,5 cm und einem Gewicht zwischen 450 und 500  Gramm und der Petit-Livarot mit einem Durchmesser zwischen 8 und 9,4 und einem Gewicht zwischen 200 und 270 Gramm. Der Käse hat einen Fettgehalt von 40-45% i.Tr.

Der Livarot weist einen sehr kräftigen Geruch und einen krätig-würzigen, leicht salzigen Geschmack. Das Aroma ist kräftig-würzig und erdig. Es enthält tierische und ledrige Anklänge, aber auch pflanzlich-fruchtige, mitunter auch schweflige und rauchige Noten. Beim Kauf sollte der Käseteig weich und elastisch sein, dass beim Drücken auf den Käse der Käse wieder in seine ursprüngliche Form zurück springt. Riecht der Käse dagegen schon nach Ammoniak, hat er die optimale Reife bereits überschritten. Auch wenn der Käse in der Mitte zu tief eingesunken ist ist es ein Zeichen dafür, dass er die optimale Reife schon überschritten hat.

Nährstoffe in Livarot AOP (22% MG)

Energie: 1222kJ / 292kcal
Eiweiß: 24gFett (gesamt): 22g
Davon gesättigte Fettsäuren: 14
Kohlehydrate (gesamt): 0.5gBallaststoffe: 0.5g
Zucker (gesamt):

Mineralstoffe:

Kalzium, Ca: Eisen, Fe:
Magnesium, Mg: Phosphor, P:
Kalium, K: Natrium, Na: 0.68g
Zink, Zn:

Vitamine:

Vitamin C: Vitamin B1 (Thiamin):
Vitamin B2 (Riboflavin): Vitamin B3 / Vitamin PP (Niacin)
Vitamin B6 (Pyridoxin): Folate:
Vitamin B12 (Cobalamin): Vitamin A (Retinol):
Vitamin E (alpha-tocopherol):
Vitamin D / D3 (Cholecalciferol)::
Vitamin K (phylloquinone):

Alle Angaben, soweit nicht anders angegeben, pro 100 g.
Quellenangabe für die Nährstoffe: OpenFoodFacts.org. The Open Food Facts database is available under the Open Database License.
Individual contents of the database are available under the Database Contents License.
Weitergabe der Nährstoffeangaben unter gleicher Lizenz.

Alle Angaben ohne Gewähr.

Autor

  • Jürgen ist gelernter Koch und staatlich geprüfter Hotelbetriebswirt. Er war u.a. als Küchenchef in einem Hotel einer großen, internationalen Hotelkette tätig. Jürgen hat neben seinem Abschluss zum staatlich geprüften Hotelbetriebswirt, diverse Aus- und Weiterbildungen im Bereich Gastronomie absolviert. Er ist ist u.a. Träger des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung und Anerkannter Berater für Deutschen Wein.
    Jürgen ist seit über 20 Jahren im Onlinebereich tätig. Seine Leidenschaft gilt nach wie vor den Bereichen Essen und Trinken, wo er sich besonders für traditionelle, unverfälschte Lebensmittel und Getränke, deren Herstellung und natürlich deren Genuss interessiert.

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Steckbrief Livarot

Name: Livarot
Gebietsschutz: Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)
Herkunft:Milchart:Käseart:
Fettgehalt: 40-45% i.Tr.
Geschmack: würzig, kräftig, salzig
Aroma: pflanzlich, tierisch, würzig, andere

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