Lietuviškas varškės sūris
Lietuviškas varškės sūris ist ein Frischkäse (Quarkkäse), Schnittkäse oder Hartkäse aus Kuhmilch aus Litauen mit einer charakteristischen dreieckigen Form. Der Lietuviškas varškės sūris ist seit dem Jahr 2013 EU-weit als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) geschützt (PDF-Datei)und ist damit das sechste litauische Produkt und der erste Käse, der in der EU einen Gebietsschutz genießt (Stand April 2014).
Geschichte des Lietuviškas varškės sūris
Lietuviškas varškės sūris wird schon seit dem Mittelalter in Litauen hergestellt. Erste schriftliche Erwähnungen findet der litauische Quarkkäse in Inventarlisten litauischer Herrenhäuser.
Die Herstellung des Lietuviškas varškės sūris ist einfach, aus diesem Grund war er auch praktisch im ganzen Land verbreitet und wurde in jedem Haushalt hergestellt: Nachdem das Essen im Backofen zubereitet oder das Brot gebacken war, wurde eine Schüssel mit Sauermilch in den abgekühlten aber noch warmen Ofen gestellt. Durch die Wärme und den natürlich in der Sauermilch enthaltenen Kulturen gerann das Eiweiß in der Milch und setzte sich als poröse gelbliche Masse oben ab. Der Inhalt der Schüssel wurde dann in einen dreieckigen Sack — einen unten spitzen Käsesack — geschüttet und zum Abtropfen aufgehängt. Die abgetropfte Quarkmasse wurde in einer speziellen Käsepresse gepresst oder auf einen harten Untergrund wie z.B. einem Tisch, einer Bank oder einer anderen horizontale Oberfläche gelegt, mit einem Brett abgedeckt und mit einem Stein beschwert. Dadurch wurde der Quarkkäse fester- Bei feuchtem Wetter im Herbst und Frühjahr bedeckte sich die Oberfläche des Lietuviškas varškės sūris oft mit Schleim und Schimmel, aus diesem Grund wurde der Käse zur Konservierung in einem lauwarmen Ofen gebacken oder geräuchert. Für eine längere Aufbewahrung wurde der Käse getrocknet. Die Verwendung des dreieckigen Käsesacks hatte neben optischen vor allem praktische Gründe: Der brüchige Lietuviškas varškės sūris lässt sich aus einem dreieckigen Tuch besser herauslösen, als aus einer anderen Form, hierzu stülpt man einfach den Sack von der breiten Seite zur spitzen Seite hin um und schält so den Käse praktisch heraus.
Eine der ersten Darstellungen der Herstellung des Lietuviškas varškės sūris stammt von Theodor Lepner, einem preußischer Priester in Litauen, der 1690 in seinem Buch „Der Preusche Littau“ die Herstellung folgendermaßen beschrieb: „Ihre Käse machen sie also: Sie legen die wollgesaltzene Glumbsde in ein Tuch, winden es zusam[m]en, daß der Molcken herauß gehe, laßen diese Glumbsd in der Kleth hangen, und gantz hart werden. Nachmahlß eßen sie diesen Käß, schneiden davon etzliche Stücke, und legen ihren Gästen selbige vor. Dieser schmecket ihnen so woll, alß wenn es der beste Holländische Käse were.“
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wird der Lietuviškas varškės sūris industriell hergestellt. Bei der Dicklegung der Milch bedient man sich hierbei moderner industrieller Methoden. Der Käsebruch wird jedoch noch immer von Hand in die Leinensäcke gefüllt und diese von Hand zugeknotet. Auch die Pressen, mit denen der Käse gepresst wird, funktionieren nach altbewährten Prinzipien.
Lietuviškas varškės sūris ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil der litauischen Kultur. Er wird noch immer anlässlich bestimmter gesellschaftlicher Anlässe, Feste und Zusammenkünfte serviert und ist auch aus dem Alltag nicht wegzudenken. Bei litauischen Hochzeiten ist es Tradition, dass die Heiratsvermittlerin (lt. „Svočia“) einen großen litauischen Quarkkäse mitbringt und mit diesem den Tisch schmückt. Am Morgen des zweiten Hochzeitstages wird der Käse dann von der Braut zum Frühstück den Musikern serviert. Der Käse symbolisiert die Nähe und Stabilität des Ehepaars.
Herstellung von Lietuviškas varškės sūris
Zur Herstellung von Lietuviškas varškės sūris werden der pasteurisierten Kuhmilch Milchsäurebakterien zugeführt und die Milch damit dick gelegt. Anschließend wird die Molke abgelassen und der Käsebruch einige Zeit stehen gelassen, so dass durch das Eigengewicht ein Teil der Restmolke herausgepresst wird. Anschließend wird die Quarkmasse von Hand in die typischen dreieckigen Säckchen gefüllt und der Sack am breiten Ende von Hand verknotet. Die Säcke werden dann mit Pressen oder in den Pressen so lange gepresst, bis die nötige Feuchtigkeit erreicht wird. Danach wird der gepresste Käse auf 6-12 °C gekühlt und aus dem Käsesack heraus genommen. Zur Herstellung eines geräucherten, gebackenen oder getrockneten Lietuviškas varškės sūris wird er nach der Kühlung entsprechend geräuchert, gebacken oder getrocknet. Wird der gebackene Käse mit Gewürzen hergestellt, wird er vor dem Backen manuell mit einer Gewürz-Salz-Mischung eingerieben und mindestens 12 Stunden bei einer Temperatur von 10-20 °C im Raum gelagert. Die Gewürzmischung besteht dabei aus heimischen litauischen Gewürzen wie Kümmel, Knoblauch oder Minze.
Aussehen und Geschmack
Der Lietuviškas varškės sūris hat die typische Form eines dreieckigen Prismas mit abgerundeten Ecken. Auf der Oberfläche sind deutlich die Abdrücke und Falten des Leinensackes sowie des Knotens am breiten Ende zu sehen. Je nach Art kann der Quarkkäse zwischen einigen 100 Gramm und bis zu 5 Kilogramm wiegen. Je nach Art beträgt der Fettgehalt zwischen 7 und 75% i.Tr., magerer Lietuviškas varškės sūris hat nur einen Fettgehalt von 0,5% i.Tr.
Lietuviškas varškės sūris kommt in mehreren Varianten auf den Markt:
- Frischer Lietuviškas varškės sūris hat eine weiße bis gelbliche Farbe, hat eine samtige Textur, ist homogen und ziemlich dicht und beim Aufschnitt sind Krümel möglich.
- Getrockneter Lietuviškas varškės sūris hat eine weiße bis gelbliche Farbe, die Textur ist homogen, hart und schwer zu schneiden, beim Brechen bilden sich Krümel.
- Gebackener Lietuviškas varškės sūris hat einen gelblichen bis gelbbraunen Farbton und die Oberfläche kann mit Gewürzen und/oder Kräutern bedeckt sein; im Inneren ist der Käse weiß bis gelb, die Textur ist homogen, dicht und etwas elastisch. Wenn der Käse mit Gewürzen hergestellt wird, kann deren Verteilung im Käse unregelmäßig erfolgen.
- Geräucherter Lietuviškas varškės sūris hat eine dunkelgelbe Oberfläche, das Innere ist weiß bis gelb, die Textur ist homogen, dicht und brüchig.
Geruch und Geschmack des Lietuviškas varškės sūris sind spezifisch milchsauer mit einem ausgeprägten Geschmack und Aroma von den verwendeten Gewürzen (Kümmel, Salz etc.). Im geräucherten Käse spürt man zusätzlich das Raucharoma und den Rauchgeschmack.
In Litauen wird der frische Lietuviškas varškės sūris allein oder mit Konfitüre bzw. Honig gegessen. Er eignet sich auch als Brotbelag. Gebackener oder geräucherter litauischer Quarkkäse wird zum Bier oder Brottrunk gegessen; der getrocknete Käse wird für einen Ausflug oder eine längere Reise mitgenommen.
Steckbrief Lietuviškas varškės sūris
Name: Lietuviškas varškės sūris Gebietsschutz: Geschützte geograpische Angabe (g.g.A.) Herkunft:Milchart:Käseart: Fettgehalt: 7-75% i.Tr. Geschmack: würzig, säuerlich Aroma: geröstet, würzig |