Käse mit lebenden Tieren

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Für viele mag es eklig klingen, aber es gibt durchaus Käse, die ihr besonderes Aroma durch lebende Tiere erhalten. Bei manchen Käsesorten werden die Tiere sogar mitgegessen!

Käse mit lebenden Tieren erhalten ihren besonderen Geschmack und  ihr Aroma durch den Befall durch bestimmte Milben und Fliegenmaden, namentlich  der Käsemilben der Art Tyroglyphus casei L. und die Maden der Käsefliege Piophila casei. Diese ernähren sich vom Käse und ihre Ausscheidungen beeinflussen Geschmack, Aroma und Konsistenz erheblich.

Diese Tiere gelten eigentlich als Schädlinge und sind der Feind jedes Käsers. Wenn sie einmal einen Laib Käse befallen haben, gilt der Käse bei den meisten Menschen als verdorben und ungenießbar. Bei manchen Käsesorten ist aber gerade der Befall durch diese lebenden Tiere erwünscht. Ihre Stoffwechseltätigkeit und ihre Ausscheidungen machen den Käse erst zu der besonderen Spezialität, von der Liebhaber schwärmen.

Hier einige Käsesorten, bei deren Herstellung lebende Tiere eine wichtige Rolle spielen;

Mimolette

Mimolette, auch Boule de Lille oder „Vielle Lille“ („Kugel von Lille“ oder „Alter Lille“ nach der nordfranzösischen Stadt Lille ) genannt, ist ein fester Schnittkäse aus Kuhmilch. Seinen Namen hat der Mimolette vom französischen „mimoux“ (halbweich).Der Mimolette wird vorwiegend in der Region Nord-Pas-De-Calais im Norden von Frankreich hergestellt.

Der Mimolette reift unter kontrollierten Bedingungen für mindestens 2 bis zu 24 Monate. Während dieser Zeit wird der Käse regelmäßig abgebürstet. Begünstigt durch die Feuchtigkeit und die Wärme während der Reifezeit siedeln sich auf der Käserinde mikroskopisch kleine Milben an, die sich von der Rinde ernähren und dabei kleine Löcher in die Käserinde fressen. Durch diese kleinen Löcher kann der Käse atmen, was, zusammen mit den Abbauprodukten der Milben, zum besonderen Geschmack des Mimolettes, besonders des länger gereiften, führt.

Mimolette wird ohne die Milben verzehrt.

Fun Fact: Im Mai 2013 verhängten die USA ein Importverbot für den Mimolette, da nach Ansicht der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde der Käse durch den Milbenbefall verdorben und nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Dieses Importverbot sorgte in Frankreich für einige Empörung.

Würchwitzer Milbenkäse

Milbenkäse bzw. Würchwitzer Milbenkäse; mundartlich auch als „Mellnkäse“ bezeichnet, ist eine Käsespezialität aus Würchwitz in Sachsen-Anhalt. Würchwitzer Milbenkäse ist ein Käse aus Magerquark auf der Basis von Schafs-, Ziegen- oder Kuhmilch, der durch die Stoffwechselprodukte von Käsemilben der Art Tyroglyphus casei L. zum Teil fermentiert wird und dadurch seinen typischen Geschmack bekommt. Mürschwitzer Milbenkäse wird auch als „lebendigster Käse der Welt“ bezeichnet.

Beim Verzehr sind die Milben im Käse noch lebendig und werden mitgegessen.

Die Herstellung von Würchwitzer Milbenkäse ist eine rechtliche Grauzone. Eigentlich werden Käsemilben als Ungeziefer und Schädlinge angesehen, da es sich aber um eine regionale Spezialität mit langer Tradition handelt, wird die Herstellung geduldet. Über die hygienisch einwandfreie Herstellung des Milbenkäses wachen die deutschen Lebensmittelkontrollbehörden und Hygieneinstitute, außerdem finden firmenintern regelmäßig Kontrollen über die hygienische Unbedenklichkeit der Käsemilben statt.

Casu Marzu

Casu Marzu (Im sardischen Dialekt „Verdorbener Käse“), auch auf Sardisch casu modde, casu cundhídu oder auf Italienisch  formaggio marcio genannt, ist eine Käsespezialität von der Insel Sardinien. Der Casu Marzu wird auf eine ganz besondere Art und Weise hergestellt: Ein überreifer Pecorino Sardo wird so lange liegen gelassen, bis die Käsefliege Piophila casei ihre Eier auf ihm ablegt. Die daraus schlüpfenden, weißlich-durchsichtigen und etwa 8mm langen Maden dringen in den Käse ein und ernähren sich von ihm. Durch deren Verdauung wandelt sich der Käse um und bekommt eine sehr cremige Konsistenz und ein äußerst kräftiges Aroma.

Beim Verzehr befinden sich lebende Maden im Käse. Diese werden aber nicht von jedem mit gegessen. Menschen, die die Maden mitessen, tragen beim Verzehr häufig einen Augenschutz, bedecken den Käse mit Brot oder ihre Augen mit der Hand. Der Grund hierfür ist, dass die nur wenige Millimeter großen Maden bis zu 15 cm weit springen können, wenn sie sich bedroht oder gestört fühlen. Auf Sardinien gilt es als Qualitätszeichen und als Zeichen dafür, dass der Käse bedenkenlos gegessen werden kann, wenn die Maden der Käsefliege tatsächlich noch leben. Erst, wenn die Maden tot sind, gilt der Casu Marzu als ungenießbar. Die lebenden Maden sind ein Beweis dafür, dass sich im Käse keine Giftstoffe befinden.

Wegen der einschlägigen Hygienevorschriften ist die Herstellung und der Verkauf von Casu Marzu durch EU-Recht verboten. Der Käse ist somit eigentlich nur auf dem Schwarzmarkt  erhältlich. Dort wird er oft zum doppelten Preis eines normalen Pecorino angeboten.Es gibt allerdings Bestrebungen der sardischen Bauern, die Herstellung von Casu Marzu unter dem Label eines traditionellen Lebensmittels zu legalisieren.

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