Würchwitzer Milbenkäse
Milbenkäse bzw. Würchwitzer Milbenkäse; mundartlich auch als „Mellnkäse“ bezeichnet, ist eine Käsespezialität aus Würchwitz in Sachsen-Anhalt und dem Altenburger Land im Osten von Thüringen.
Würchwitzer Milbenkäse ist ein Käse aus Magerquark auf der Basis von Schafs-, Ziegen- oder Kuhmilch, der durch die Stoffwechselprodukte von Käsemilben der Arte Tyroglyphus casei L. zum Teil fermentiert wird und dadurch seinen typischen Geschmack bekommt. Mürschwitzer Milbenkäse wird auch als „lebendigster Käse der Welt“ bezeichnet.
Geschichte des Würchwitzer Milbenkäse
Der Würchwitzer Milbenkäse wird schon seit dem frühen Mittelalter hergestellt. Der Legende nach soll Kaiser Friedrich I. Barbarossa ein großer Freund des Milbenkäses gewesen sein. Die Entstehung des Milbenkäses entstand aus der Not heraus: Käsemilben waren in früheren Zeiten einer der größten Feinde des Käsers. Hatten sie sich einmal eingenistet, konnte man sie fast nicht mehr los werden und sie verdarben oft ganze Produktionslinien. So beschlossen einige findige Käsemacher, die eigentlichen Schädlinge in den Produktionsprozess einzubeziehen und sie gezielt zur Käseproduktion einzusetzen.
Die Herstellung von Milbenkäse florierte in Würchwitz bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert, danach nahm das Interesse allmählich ab, bis nur noch wenige Familien das Wissen um die Herstellung des Käses hatten. Um 1970 war es nur noch eine ältere Frau, die neunzigjährige Liesbeth Brauer, die Milbenkäse in Würchwitz herstellte. Der Biologie- und Chemielehrer Helmut Pöschel hat es sich daraufhin zur Aufgabe gemacht, den Würchwitzer Milbenkäse zu erhalten. 2005 gründete Pöschel zusammen mit Christian Schmelzer mit Hilfe eines europäischen Förderungsprojekts des Burgenlandkreises eine Firma, die den Milbenkäse produziert und weltweit vertreibt. Es ist deutschlandweit das einzige Unternehmen, welches Milbenkäse vertreiben und herstellen darf. Würchwitzer Milbenkäse wurde 2006 von der deutschen Sektion von Slow Food in die „Arche des guten Geschmacks“ aufgenommen als besonders schützenswerte und vom Aussterben bedrohte regionale Spezialität.
Herstellung des Würchwitzer Milbenkäse
Die Herstellung von Würchwitzer Milbenkäse ist, ähnlich wie bei anderen Käsen dieser Art wie dem Casu Marzu, eine rechtliche Grauzone. Eigentlich werden Käsemilben als Ungeziefer und Schädlinge angesehen, da es sich aber um eine regionale Spezialität mit langer Tradition handelt, wird die Herstellung geduldet. Über die hygienisch einwandfreie Herstellung des Milbenkäses wachen die deutschen Lebensmittelkontrollbehörden und Hygieneinstitute, außerdem finden firmenintern regelmäßig Kontrollen über die hygienische Unbedenklichkeit der Käsemilben statt.
Zur Herstellung von Würchwitzer Milbenkäse werden geformte und mit Salz, Kümmel und anderen Zutaten gewürzte Stücke („Klitschen“) aus Magerquarkkäse zuerst einige Zeit angetrocknet und dann für ein bis zwölf Monate in Holzkisten voller Käsemilben gelegt. Diese Milben bewirken durch ihren Speichel eine Fermentation des Käses von außen nach innen und geben ihm den typischen Geschmack. In den Kisten befindet sich außerdem noch Roggenmehl, das als Nahrung für die Milben dient und dafür sorgt, dass der Käse nicht zu sehr von den Käsemilben angefressen wird. Nach etwa drei Monaten hat der Milbenkäse etwa die Hälfte seines ursprünglichen Gewichts verloren.
Da der Mürschwitzer Milbenkäse eine recht lange Zeit braucht, bis er seinen optimalen Verzehrzustand erreicht, er also „bummelte“ sprich: sich Zeit ließ, wurde er frühe im Volksmund auch „Bummler“ genannt.
Aussehen und Geschmack
Fertig gereifter Würchwitzer Milbenkäse hat die Form einer handtellergroßen Scheibe oder die Form einer kleinen Tonne. Er hat, je nach Dauer der Lagerung in der Kiste, eine gelbe (Nach etwa 4 Wochen), orange-rote bis braune (Nach etwa 3 Monaten) bis fast schwarze Oberfläche (Nach rund 12 Monaten). Der Geschmack erinnert an einen Harzer Käse und wird mit zunehmender Reife immer kräftiger und aromatischer. Er hat einen leicht bitteren Nachgeschmack und einen leicht salmiak-artiken Geruch. Nach der Meinung von Experten ist der Milbenkäse dann am besten, wenn er eine rötlich-braune Oberfläche und eine harte bis mittelfeste Textur hat.
Milbenkäse schmeckt besonders auf kräftigem, frischen, gut gebutterten Bauernbrot oder Roggenbrot. Beim Verzehr sind die Milben im Käse noch lebendig und werden mitgegessen. Ebenfalls beliebt ist die „Würchwitzer Milbenkäsebutter“, auch „Bummlerbutter“ genannt. Dazu wird Milbenkäse mit Butter vermischt und dann aufs Brot gestrichen.
Würchwitzer Milbenkäse ist ausgesprochen lange haltbar. Bei einzelnen Exemplaren konnte ein Alter von bis zu 30 Jahren nachgewiesen werden.
Steckbrief Würchwitzer Milbenkäse
Name: Würchwitzer Milbenkäse Gebietsschutz: Herkunft:Milchart:Käseart: Fettgehalt: 1% i.Tr. Geschmack: aromatisch, kräftig Aroma: andere |