Red Leicester
Der Red Leicester ist ein rot-oranger Kuhmilch-Käse aus England. Er ähnelt in der Herstellung und auch im Aussehen dem viel bekannteren Cheddar. Seine Farbe hat der Hartkäse von den Samen des Annatto-Baums (E 160b).
Seinen Namen hat der Red Leicester von der Stadt Leicester in der ehemaligen Grafschaft Leicestershire in Zentralengland. Früher wurde der Käse Leicestershire Cheese genannt
Geschichte des Red Leicester
Die Ursprünge des Red Leicester lassen sich bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Landschaft der Midlands, der Region in der die ehemalige Grafschaft Leicestershire liegt, ist sehr gut geeignet für die Viehzucht. Ein mildes Klima mit ausreichend Regen sorgt für saftige Wiesen, auf denen die Kühe grasen können.
Die Entwicklung des Red Leicester wurde stark beeinflusst von der Käsereitradition anderer Regionen Englands, besonders aus dem Südwesten und dem Nordwesten, zum Beispiel von Käsen wie dem Double Gloucester oder dem Cheshire (Chester). Um sich von den Käsen dieser Region zu unterscheiden versuchten die Käser ihrem Käse eine eigene Textur und einen eigenen Geschmack zu geben. Außerdem färbten sie ab dem 18. Jahrhundert ihren Käse orange-rot, da dies früher ein Zeichen für Käse aus besonders fettreicher Milch und damit ein Qualitätszeichen war. Kühe, die auf besonders saftigen Wiesen weiden, geben eine Milch, die besonders reich an Karotin ist. Dieser natürliche Farbstoff gibt der Milch eine leicht orange Färbung. Der Farbstoff für den Red Leicester wurde zunächst aus Karotten oder Rote Beete genommen, heute wird er, wie auch beim Cheddar, aus den Samen des Annatto-Baums (E 160b) gewonnen.
Aus Milch, die von der Stilton-Herstellung übrig blieb
Ursprünglich wurde für den Red Leicester nur die Milch verwendet, die nach der Herstellung des Stilton übrig geblieben war. Die meisten großen und bäuerlichen Produzenten von Stilton stellten Red Leicester her, da dieser Käse länger haltbar war und sie so eine Möglichkeit hatten, ihre restliche und überschüssige Milch zu verarbeiten. Außerdem waren sie durch die beiden Käse, die unterschiedliche Lagerungs- und Reifezeiten hatten, in der Lage, ein konstanteres Einkommen zu erzielen.
Die Bauern brachten ihren Käse nach Leicester um ihn dort zu verkaufen. Das Angebot und die Nachfrage nach Käse aus Leicestershire wurde bald so groß, dass im Jahr 1759 in Leicester ein eigener Käsemarkt eingerichtete wurde und die Stadtoberen Regeln und Vorschriften erließen, die die Qualität des Käses aus der Grafschaft sichern sollten. Es wurde sogar eigens ein Stadtbüttel eingestellt, der die drohenden Strafen für mangelnde Qualität laut vorlas.
Mit der zunehmenden Nachfrage nach Stilton war jedoch immer weniger Milch übrig, um daraus Red Leicester herzustellen. Die Herstellungsmenge wurde dadurch immer geringer, was sich allmählich auch auf die Qualität auswirkte.
Aus Leicestrshire Cheese wird Red Leicester
Red Leicester wurde bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts meistens als Leicestershire Cheese bezeichnet. Als mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieg die Lebensmittel immer knapper wurde, brauchte man die frische Milch zur Ernährung der Bevölkerung, so dass die Produktion von Käsespezialitäten in Großbritannien praktisch zum Erliegen kam. Es waren nur noch wenige Käsesorten wie der Cheddar zugelassen. Außerdem verbot die britische Regierung die Zugabe von Farbstoffen zu Lebensmitteln. So wurde statt dem rot gefärbten Leicestershire Cheese ein billiger weißer, cheddar-ähnlicher Käse produziert, den die Einheimischen „White Leicester“ nannten.
Als in den 1950er Jahren die Beschränkungen und Rationierungen für die Lebensmittelproduktion aufgehoben wurden, wurde die Produktion des roten Leicesterkäse wieder aufgenommen und der Käse wieder wie früher mit Annatto eingefärbt. Zur Unterscheidung vom White Leicester benannten die Produzenten den Leicestershire Cheese in Red Leicester um. Die meisten Red Leicester wurden jedoch industriell hergestellt. Sie hatten auch nicht mehr die traditionelle runde Laibform sondern wurden in Blöcken gefertigt.
In England wird heute mehr Red Leicester außerhalb von Leicestershire hergestellt, als in der ehemaligen Grafschaft selbst. Nur noch wenige kleine Landwirtschaftsbetriebe stellen Red Leicester auf traditionelle Weise her, der größte Teil stammt aus industrieller Produktion. Red Leicester wird nicht nur in England, sondern auch in Irland und den USA hergestellt.
Herstellung von Red Leicester
Die traditionelle Herstellung von Red Leicester unterscheidet sich wenig von der Herstellung von Cheddar.
Die Rohmilch wird auf etwa 29°C erwärmt, mit Starterkulturen vermischt und mit Annatto eingefärbt. Dann legt man sie mit Lab dick. Die entstandene Dickete schneidet man dann auf eine Größe von etwa 0,5-1 cm und erwärmt dann den Bruch während etwa 45 Minuten auf etwa 36°C (“scalding”). Dadurch trennt sich die Molke vom Käsebruch. Der Bruch wird dann in Formen geschöpft, in denen die Molke abtropfen kann und der Bruch fest wird.
Vom fest gewordenen Käsebruch schneidet man dann Blöcke von etwa 15 cm Länge, die man noch einmal 10 Minuten ruhen lässt. Dann schichtet man zwei Blöcke aufeinander, dreht den Stapel um und lässt ihn 10 Minuten ruhen (“Stacking the Loaves”). Anschließend stapelt man wieder jeweils zwei der Stapel aufeinander geschichtet und wieder 10 Minuten ruhen gelassen. Dieser Vorgang (“Chedarring”) wird so lange wiederholt, bis die Stapel die gewünschte Höhe erreichen (normalerweise 4 Stapel übereinander), die Stapel werden aber weiterhin alle 10 Minuten gewendet.
Die fertigen Stapel werden dann wieder auf etwa 1,5 – 2 cm zerkleinert (“Milling”). Dabei wird der Käsebruch ständig gerührt. Damit wird das erneute Verkleben verhindert. Nach dem erneuten Zerkleinern mischt man Salz unter den Käse. Dann füllt man den Käsebruch in Formen. In diesen Formen presst man den Käse für etwa 24 Stunden. Dann wendet man den Käse und presst in für weitere 24 Stunden.
Den gepressten Käselaib wickelt man vollständig mit Leintüchern ein und bestreicht diese dann mit flüssigem Rindertalg. Diese besondere Art des Schutzes nennt man „cloth banding“ oder „cloth bandaging“, sie kommt auch bei manchen traditionellen Cheddar-Herstellern zum Einsatz. Durch das Cloth Banding wird der Käse praktisch luftdicht eingeschlossen und somit während der Reifung vor unerwünschten Pilzen und Hefen geschützt. Diese lassen sich auf dem Fett und den Tüchern nieder und bilden dort während der Reifung eine grau-grüne Schicht.
Red Leicester reift dann zwischen 3 und 12 Monate. Nach der Meinung von Experten erreicht er seinen geschmacklichen Höhepunkt etwa nach einer Reifung zwischen 4 und 6 Monaten.
Aussehen und Geschmack
Fertig gereifter, traditioneller Red Leicester hat eine flache, runde Laibform. Es gibt ihn in zwei verschiedenen Größen: Der ursprüngliche, etwa 20 kg schwere Laib hat einen Durchmesser von etwa 46 cm und eine Höhe von etwa 18 cm, der kleinere, etwa 10 kg schwere Laib hat einen Durchmesser von etwa 34 cm und eine Höhe von etwa 13 cm. Das Laibgewicht von etwa 20 kg hat historische Gründe. Es entspricht in etwa der Menge an Käse, die ein Bauern früher mit der Milch seiner Herde an einem Tag herstellen konnte.
Red Leicester hat eine dünne, graubraune Rinde. Der Teig ist golden bis orange-rot und von dichter, kompakter, fester und krümeliger Struktur. Er hat keine Löcher. Junger Red Leicester hat einen süßlichen, leicht karamellartigen Geschmack und ein nussiges Aroma. Mit zunehmender Reife werden Geschmack und Aroma kräftiger und komplexer.
Industriell gefertigter Red Leicester hat meistens eine rechteckige Blockform. Er hat einen feuchteren und cremigeren Teig und einen leicht süßlichen Geschmack.
Red Leicester hat einen Fettgehalt von 48% i.Tr. Der Käse eignet sich gut zum Überbacken, auf Toast, in Soßen und Suppen oder für die Käseplatte.
Getränkeempfehlung
Zum Red Leicester passt ein Weißwein mit vollem Körper wie Muscadet, Sancerre, Chenin Blanc oder Vouvray. Auch ein spanischer Rioja, ein australischer Shiraz oder ein britisches Ale sind hervorragende Begleiter für diesen außergewöhnlichen Käse.
Nährstoffe in Red Leicester
Energie: 1644kJ / 393kcal | |
Eiweiß: 25g | Fett (gesamt): 32.14g Davon -gesättigte Fettsäuren: 17.86g -Transfette: 0g |
Cholesterol: 89mg | |
Kohlehydrate (gesamt): 0g | Ballaststoffe: 0g |
Zucker (gesamt): 0g | |
Mineralstoffe: | |
Kalzium, Ca: 714mg | Eisen, Fe: |
Magnesium, Mg: | Phosphor, P: |
Kalium, K: | Natrium, Na: 607mg |
Zink, Zn: | Kupfer, Cu: |
Jod, I: | Mangan, Mn: |
Selen, Se: | |
Vitamine: | |
Vitamin C: | Vitamin B1 (Thiamin): |
Vitamin B2 (Riboflavin): | Vitamin B3 / Vitamin PP (Niacin) |
Vitamin B6 (Pyridoxin): | Folate: mg |
Vitamin B12 (Cobalamin): | Vitamin A (Retinol): |
Vitamin E (alpha-tocopherol): | |
Vitamin D (D2 + D3), International Units: 0iu | |
Vitamin K (phylloquinone): |
Alle Angaben, soweit nicht anders angegeben, pro 100 g.
U.S. Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central, 2019. fdc.nal.usda.gov (Produkt im Detail). Alle Angaben ohne Gewähr.
Steckbrief Red Leicester
Name: Red Leicester Gebietsschutz: Herkunft:Milchart:Käseart: Fettgehalt: 48% i.Tr. Geschmack: würzig, süßlich Aroma: geröstet, würzig |